Okay, dann fangen wir mal an mit der Erzählung zu meiner ersten großen Reise. Warst du schon mal über den Atlantik? Oder auf einem anderen Kontinent? Wahrscheinlich schon, das war ja schon jeder. Nun ja, fast jeder… ich ja nicht. Das Taxi kommt um 04:30 Uhr. Abflug, erstmal nach Amsterdam, ist um 6:40. Als wir kurz nach 05:00 Uhr morgens in Schwechat das Gepäck eingecheckt hatten und keine Schlange vor der Security ist, muss ich eingestehen, dass Gioia recht hatte und wir wohl eine halbe Stunde länger hätten schlafen können. Nachdem ich aber sowieso kein Auge zu gemacht habe vor Aufregung, war das Aufstehen auch kein großes Thema für mich. Um 06:00 Uhr sitzen wir also mit einem überteuerten Kaffee am Gate F22 und sind bereit für das Abenteuer meines Lebens.
Der Umstieg in Amsterdam passiert unkompliziert und ohne gröbere Aufregungen. Wenn man meine Fassungslosigkeit über die Größe des Flugzeugs vernachlässigt, das uns die nächsten elf Stunden als Herberge und Kutsche dienen soll. Der Platz ist mehr oder weniger schnell gefunden und über Beinfreiheit erzähle ich dir bei meiner zweiten großen Reise.
Im Moment fesselt mich der kleine Bildschirm in der Rückenlehen vor mir. Er zeigt eine durchaus geläufige Darstellung der Weltkugel. Viel Blau, bisschen Grün und Braun. Da und dort ein weißer Fleck, der wohl eher von hohen Bergen als von unentdeckten Landstrichen erzählen will. Um Missverständnisse und Verschwörungstheorien zu vermeiden hat sich KLM entschieden der Weltkarte eine leichte Rundung mitzugeben um den Eindruck der altbewährten und vieldiskutierten Kugel zu erwecken und den Hintergrund schwarz zu färben. Da war sie also. Die Welt. Und so sitzen wir, bis mich die Kraft der Turbinen beim Start in den Sitz drückt, die Welt und ich. Auge in Auge. Niemals zuvor habe ich so deutlich gespürt, wieviel Unbekanntes und Wundervolles da draußen auf mich warten mag. Niemals zuvor habe ich so deutlich gespürt, wie das Abenteuer „Leben“ mich ruft.
Das kleine Flugzeug, das sich spielerisch entlang einer weißen Linie über die Karte bewegt, hat gerade London hinter sich gelassen und nähert sich dem Ende von der Insel der Briten. Ein Blick aus dem Fenster. Weiße schwungvolle Linien, die das Ende eines zerklüfteten Brauns markieren, das selbst gerade erst ein tiefes Grün abgelöst hat. Weiße Linien, die sich selbst gebären aus einem Blau, wie ich es noch nie gesehen habe. Das Braun wird immer kleiner, das Grün ist schon verschwunden und während sich das Oval des Flugzeugfensters mit diesem satten, unendlichen Blau füllt, steigen mir Tränen in die Augen. Ob es einen Weg zurück gibt aus diesem Anblick?
Eine paar Tage später schreibt mir eine Freundin folgendes Zitat:
„Once the travel bug bites there is no known antidote, and I know that I shall be happily infected until the end of my life.„
Michael Palin
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