01:30 Uhr falscher Alarm. Alles dunkel. Alle still.
Eine mächtige Spinne über dem Bett.
Der Hahn, Hundegebell. Musik. Sonnenaufgang. Die Musik wird
lauter und wieder leiser. Später erfahre ich, dass die Musik der Lockruf eines
LKWs ist, der leere Gasflaschen abholt und volle verkauft. Es ist 05:00 Uhr.
Ich drehe mich nochmal um und genieße die Eindrücke des Vortags. Vulkane im
Sonnenuntergang. Radfahrer auf Autobahnen. Es ist ein Land voller Schönheit und
voller Widersprüche. Wie die Rücken von schlafenden Drachen thronen die grasbedeckten Hänge der Vulkane hoch über der quirligen Alltäglichkeit der Menschen. Die Luft ist wirklich dünner aber der erste Spaziergang um den Block war wunderbar. Der „Block“ ist ein 4.000 Meter hoher Vulkan namens Ilalo.
Dann geht es auf nach Quito. Die Hauptstadt von Ecuador sprengt alles was ich erwartet habe. 2 Millionen Menschen leben hier und täglichen kommen wohl nochmal so viele in das schmale Becken am Hang des Vulkans Pichincha. Es wird „Almuerzo“ an Strassenecken gekocht und jongliert und gezaubert an roten Ampeln. Das einzige Wort das mir dazu wirklich einfällt ist Dynamik. Alles hier befindet sich in einem Fluss der auf den ersten Blick chaotisch wirkt aber schließlich doch – auf eine verrückte Art und Weise – Sinn macht. Ein bisschen fühlt es sich an wie diese stacheligen Fussreflexzonen-Massage-Kissen. Es tut weh und man will es fliehen aber tief drinnen öffnet es Kanäle, die man bisher nicht gekannt hat. Hupen, Rufen,Winken, Lachen sind durchaus gängige Alternativen zu dem was bei uns durch ein kleines, gelbes, blinkendes Licht am Auto gelöst wird. Auf den ersten 500 Metern Taxifahrt hätten nach europäischen Maßstäben mindestens 2 schwere Unfälle, 5 Blechschäden und schließlich eine Schlägerei stattfinden müssen. Ein Moped auf dem 6 Personen fahren – Vater, Mutter, Kind dazwischen, Kind dahinter, Kind zwischen den Füßen und Baby am Lenker – unterbricht meine Zählung undzerstört meine Hoffnung auf Normalisierung der Situation. Die Taxifahrt wird zum Workshop für Kommunikation. Weder Bodenmarkierungen, noch Beschilderungen finden Beachtung, man fährt in der Stadt meist 4 manchmal 6 Spurig, je nachdem wie viele Motorräder grad vorbeidrängen.
Kurz vor einem Kreisverkehr, bei uns ein beliebtes Mittel um an Kreuzungen den Verkehrsfluss nicht zu behindern, kommt schließlich doch alles zum Stehen. Wir zahlen statt der zu erwartenden 20€ für die Strecke 3$ und steigen aus. Das trockene Gras der Verkehrsinsel in der Mitte des „Redondell“ ist ein improvisierter Marktplatz an dem Gemüse, Nüsse und Zuckerrohr aber auch Energydrinks, Müsliriegel und Helado (=Eis) verkauft wird.Ob die Kinder, die hier für 1$ ihre Ware anbieten das als Ferialjob tun oder das Ganze ein Projekt von Berufspraktischen Tagen ist, bliebt unbeantwortet.
Auf der anderen Seite schmückt ein rot und blau blinkender Wagen mit zahllosen Aufschriften und Streifen gemeinsam mit seinem laut pfeifenden Fahrer in Warnweste den Grund für das Verkehrschaos. Zwei in einander verkeilte Wagen, ein in die Jahre gekommener Pickup auf dessen Ladefläche seelenruhig 5 Passagiere plaudern und ein noch älterer LKW oder sowas, voll beladen mit Kisten voller flatternder und gackernden Ware, versperren praktisch die gesamte Straße.Der Mann in Warnweste, offenbar ein Polizist, lotst nun mit seiner Trillerpfeife den Abendverkehr über den abgeschrägten Bordstein und um die improvisierten Marktstände auf Einkaufwägen und Mopeds herum. Die Unfallgegner, wie man bei uns sagen würde, lehnen Seite an Seite, lachend und offenabr von ihrer Havarie-Begegnung erfreut an ihren verbeulten Motorhauben.
„Rushhour“ ist das letzte Wort, das der Taxifahrer uns beim Aussteigen nachgerufen hat. Überall finden sich Schilder die von „Distancia Sociál“ erzählen und sogar auf der Straße werden Masken mit bewundernswerter Konsequenz getragen. Viele unter der Nase, oft am Kinn, hin und wieder auf der Stirn. Die Herzlichkeit, Offenheit und Hilfsbereitschaft der Menschen ist aber durch all das hindurch spürbar und man kann sich den Eindrucks nicht erwehren, dass das Leben hier in allen seinen Facetten nicht nur genossen, sondern gefeiert wird. Ich streichle den Straßenhund, der uns seit ein paar Minuten verfolgt und dann noch die drei felligen Freunde, die mit ihm mitgekommen waren. Es gibt hier noch viel zu entdecken, zu lernen und zu erzählen…
So ist es auch gut! und brav weiterempfehlen!
liebster billy,
was für ein abenteuer!
ich freu mich auf all deine geschichte- hier und dann hoffentlich bei einem glaserl, wo auch immer auf der welt!
bussis
Oh zu dem Glaserl muss ich dnn aber meinen Diakoffer mitbringen!
Bin so verbrunzt ins die Welt, es ist ein Wahnsinn!