06:30 Tagwache. 06:45 Uhr Abfahrt. Das Tor ist versperrt. Ein wenig Hupen später taumelt unsere Gastgeberin schlaftrunken zwischen zwei Palmen hervor. Die Fahrt vom Hotel zur Station dauert 10 Minuten und dort wartet schon unser ornitologische Freund um uns die nicht-nachtaktiven Wunder seines Reservats zu zeigen. Die Tour dauert nun schon etwa 2 Stunden und geht über Stock und Stein. Wobei jeder davon mehrfach umgedreht, aufgehoben und begutachtet wird. Der Mann ist unglaublich versiert und hätte er nicht auf mehrmalige Nachfrage wiederholt darauf bestanden, dass er weder Biologie noch Zoologie studiert hat, würde ich es jetzt noch nicht glauben. Die Tour ist auch bei Tag mindestens so beeindrucken wie in der Nacht und ich finde gefallen an der Beobachtung von Vögeln in ihrem Alltag. Den gemeinsamen Naturspaziergang hab ich ja schon vorgeschlagen. Wenn du also Lust hast, einfach unten in die Kommentare schreiben. Besonders ist das Tukan Pärchen, das sich in einer Baumhöhle das Nest eingerichtet hat und brütet. Also sie wechseln sich mit brüten ab. Einer brütet, einer holt Jause. So tun auch wir es endlich ist der Moment für mich gekommen ein Almuerzo zu probieren, das an allen Straßenenecken angeboten wird. Almuerzo ist die Entsprechung eines Bic Mäc Menüs in der Südamerikanischen Küche. Erster Gang: Eine Suppe, in meinem Fall ein Locro de Papa, eine Kartoffelsuppe in die statt Backerbsen Frischekäse und geschnittene Avocados geworfen werden. Zweiter Gang: Arroz con Menestra also Resi mit einem Linsen oder Bohneneintopf und Patacones, das sind gebratene Verdes. Verdes, das sind unreife, grüne Bananen. Als Nachspeise gibts Papaya und am Heimweg ein Original französische Crêpes, mit Bier-Eis von einem Ecuadorianer, der das Crêpemachen von einem Kolumbianer gelernt hat, der wiederrum in Frankreich war. In jedem Fall bin ich satt und sowieso ein Freund der ecuadorianischen Küche! Um die Eindrücke des Morgens und des frühen Mittagessens zu verdauen, beschließe ich die Baderegeln einmal mehr zu brechen und den prall gefüllten Waschbärbauch ins Pool zu hängen. Zwei, drei Längen gehen sich aus und scheinen ob der abwesenden Zuseher als sportliche Herausforderung auch auszureichen. So lockt der Nahe Liegestuhl am Beckenrand zu einer kurzen Mittagsmeditation, der ein fließender Übergang in einen Mittagsschlaf gewährt sein würde.
Es ist herrlich. Die Sonne, hier am Äquator weitaus stärker, als ich das erwartet habe, brennt mir auf die Wampe und die letzten Tropfen fliehen über die Seite ins Handtuch unter mir um nicht in der Mittagshitze zu vergehen. Wahrscheinlich ist es keine gute Idee gerade jetzt in der prallen Sonne zu liegen, überlege ich und hab ein wenig schlechtes Gewissen meiner Mutter gegenüber. Sie würde nicht mögen, dass ich hier verbrenne. Außerdem verkackst du damit den ganzen Urlaub. Wenn du jetzt zwei Tage im Bett liegst mit einem Sonnenstich und kotzt, dann hat keiner was davon. Ich gebe der Stimme recht und notiere mir im Geiste, dass ich mir eine Kappe kaufen muss, um meinen Kopf vor der Sonne der Südhalbkugel zu schützen. Da kommst du ja früh drauf. Alles klar, hab verstanden. „Ich will ne Pina Colada“ sagt die Stimme. Es ist doch viel zu früh um zu trinken, außerdem … mitten in der Antwort wird mir bewusst, dass die Stimme vom Liegestuhl neben mir kommt. Ich schlage die Augen auf. Nichts. Ich will ne Pina Colada! Ich höre die Stimme, aber da ist keiner. Sollte die tödliche Wirkung der Sonne tatsächlich so prompt einsetzen? Ist es um das Ozonloch schon so schlecht bestellt, dass es mir in 5 Minuten die Birne weggebrannt hat? Du darfst auch einen Schluck haben, wenn du sie mir rüber an den Jacuzzi bringst. Die Stimme klingt nach einer Mischung aus Peter Falk und George Clooney. Ich reibe mir die Augen und komme mir blöd dabei vor. Was soll den so eine billige Übersprungshandlung. Ich brauch hier echt deinen Support. War grad drüben an der Bar, aber auf mich hören die nicht. Mein Spanisch ist scheiße. Am Fußende der Sonnenliege neben mir sitzt so etwas wie eine Heuschrecke von südamerikanischen Ausmaßen oder eine überdimensionale Grille mit nur einem Fühler zwischen zwei putzigen Knopfaugen. Auf einem ihrer Flügel, die sich mit hellerem Grün von ihrem mächtigen grünen Körper abheben… Was soll hier mächtiger Körper heißen? Du bist ja selber kein Adonis. Ich lasse mich nicht in meinen Gedanken stören, alles klar? Ich schreibe hier meinen Blog. Auf einem ihrer Flügel, die sich mit hellerem Grün von ihrem mächtigen Körper abheben sitzt ein kleinerer schwarzer Käfer, der an eine Fruchtfliege erinnert -Wenn er nur halb so groß wäre. Das ist Bert. Ich nehme ihn ein Stück mit. Keine Sorge, der sagt nichts. Können wir jetzt Pina Colada holen? Ich geb die Runde aus! Stille. Jetzt gib dir nen Ruck, außerdem tut dir ein wenig Inspiration bestimmt gut. Scheint ja als gingen dir die Ideen aus.
Ich ignoriere die Grille, steh auf und geh ins Zimmer. Scheinbar habe ich zu viel Zeit mit Tieren und in der Natur verbracht.